Audre Lorde, bedeutende afrikanisch-amerikanischen Schriftstellerin
und Ikone in den Afrikanisch-amerikanischen und lesbischen feministischen Bewegungen
in den USA, kam 1984 aus New York zur deutschsprachigen Veröffentlichung ihrer
Werke und als Gastprofessorin an der Freien Universität nach Berlin. In den Jahren
1984 bis 1992 verbrachte sie Wochen und Monate in dieser Stadt. Sie las aus ihrem
Werk in Städten in West- und Ost Deutschland, in der Schweiz, in den Niederlanden
und in London.
Ihre Lesungen leitete sie häufig ein mit dem Satz: „Ich komme zu Euch als Afroamerikanerin,
Feministin, Lesbe, Kriegerin, Schwarze Aktivistin, Dichterin, Mutter, Krebsüberlebende“.
Schwarze wie Weiße waren zutiefst beeindruckt von der Begegnung mit dieser Frau,
die ihre Kraft aus ihrer Außenseiterposition und ihren verschiedenen Identitäten
bezog und dabei eine künstlerisch wie politisch inspirierende und aufrüttelnde
Sprache entwickelt hatte. Lordes Wärme und ihr unbeugsames Engagement wurden
zu einem bleibenden Einfluss im Leben vieler Menschen, wie in aktuellen Interviews
in dem Film deutlich wird.
Durch ihre vielschichtige persönliche Identität geprägt sprach Audre Lorde immer wieder von einem konstruktiven und zugewandten Umgang mit Unterschiedlichkeiten zwischen Menschen, davon diese zu nutzen, Brücken zu bauen, sich der eigenen Macht bewusst zu werden und sie einzusetzen. „Audre Lorde – Die Berliner Jahre 1984 bis 1992“ erzählt von dieser Perspektive Audre Lordes und ist ein einzigartiges filmisches Zeitdokument über die Aufenthalte der Schriftstellerin in Deutschland.
Ein wenig beachtetes Kapitel ihres Lebens sind diese Jahre, in denen Audre Lorde Schwarze Deutsche inspirierte, ihre Identität mit Stolz einzufordern. Afro-Deutsche folgten Audre Lordes Einladung, einander kennenzulernen, mit Schriften an die Öffentlichkeit zu treten und Netzwerke zu bilden. Gleichzeitig ermutigte Lorde die weiße feministische Bewegung, Privilegien zu erkennen und konstruktiv mit Unterschieden umzugehen.
Lorde ermutigte Schwarze Deutsche zu schreiben und als Resultat veröffentlichten Autorinnen wie May Ayim, Katharina Oguntoye und Ika Hügel-Marshall Werke - Bücher, die auch ins Englische übersetzt wurden. *
Der Film gibt auch einen Einblick Audre Lordes Kampf mit ihrer Krebserkrankung. 1984 kam sie nach Berlin mit einer Prognose von sechs Monaten Lebenszeit seitens ihrer Ärzte in den USA. In Berlin entdeckte sie biologische Behandlungsmethoden, die dazu beitrugen, ihr Leben um acht Jahre zu verlängern.
*Ayim/Oguntoye/Schultz:
Farbe Bekennen. Afrodeutsche Frauen auf den Spuren ihrer GeschichteMay Ayim:
blues in schwarz weiss
Nachtgesang
Grenzenlos und unverschämtIka Hügel Marshall:
Daheim Unterwegs. Ein deutsches Leben (ab Frühjahr 2012 Unrast Verlag)English:
Showing Our Colors. Afro-german women speak out (U. of Mass. Press)
Blues in Black and White (Africa World Press)
Invisible Woman: Growing up Black in Germany (Peter Lang Publishing)